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Informatives/Veranstaltungen

Digitaler Roundtable 2021: „TikTok Ästhetik und Deepfake Beauty – über die Schönheit im "new normal“

Was ist schön? Schönheitsideale unterlagen schon immer dem Wandel. Neu sind Themen wie Diversität, Resilienz, Nachhaltigkeit, Gesundheit, die auf Schönheit jenseits von Symmetrie, Jugend und Kindchenschema einwirken. Bewegte Bilder und die dadurch erzeugte Energie und Dynamik schaffen eine neue Bewertung von Attraktivität. Europa Bendig, Geschäftsführerin der Agentur STURMundDRANG, gab mit ihrem Vortrag am 5. Mai 2021 einen vielschichtigen Einblick, wie sich die „Beauty in flow“ jenseits der statischen Schönheit auf Bildern entwickelt.

Das Leben wird bewegter

Es ist schon etwas dramatisch – aber unsere Aufmerksamkeitsspanne sinkt immer weiter. Sie hat in den letzten Jahren von durchschnittlich 12 Sekunden auf 9 Sekunden abgenommen und liegt damit unterhalb der eines Goldfischs. Die Informationsflut, der wir täglich ausgesetzt sind, nimmt hingegen immer weiter zu. Auch unsere visuelle Aktivität wächst in diesem Zusammenhang. In unserem Gehirn laufen dementsprechend Prozesse auf Hochtouren, um die neu gewonnen Informationen zu verarbeiten und zu speichern. Hierfür erstellt unser Gehirn eine Art Referenzsystem, mit dem es neue Bilder abgleicht, um Muster wiederzuerkennen. Das ist eigentlich ganz schön clever, hat aber auch zur Folge, dass wir das, was wir häufig sehen, als vermeintlich „normal“ bewerten. Manchmal kann das problematisch sein: Social Media lebt von Bildern schöner und attraktiver Körper. Bei jüngeren Menschen, die sich viel auf diesen Kanälen bewegen, kann das zu Ängsten oder sogar Depressionen führen, wenn sie das Gefühl haben, diesen Bildern nicht zu entsprechen.

Aber die Entwicklung geht weiter. Was bisher in statischen Bildern abgebildet wurde, wird zunehmend bewegter. Die Bildsprache wandelt sich zunehmend zu einer Filmsprache. Und auch in Erzählungen jüngerer Menschen zeigt sich, dass sie ihr Leben nicht mehr punktuell an einzelnen Erlebnissen festmachen. Vielmehr wird das Erlebte wie in einer TV-Serie mit Dramaturgie und Spannungsbogen nacherzählt – das Leben wird quasi neu zusammengeschrieben. Das ist gerade in der jüngeren Generation eine ganz neue Form der ästhetischen Inszenierung, in der auch Schönheit eine große Rolle spielt.

Bei Stil und Schönheit sind Plagiate erlaubt

Was gefällt, als schön empfunden wird und begeistert, wird von den Jüngeren in den sozialen Medien besonders gern geteilt und damit vervielfältigt – nicht umsonst spricht man auch von der „Copy & Paste Generation“. Das ist zunächst ganz natürlich und gehört auch zu unserer Kultur: Kinder wachsen schließlich damit auf, andere Menschen zu imitieren. Und auch wir kennen das Phänomen, andere zu „spiegeln“, wenn wir sie mögen. Durch Instagram, TikTok und Co wird dieses Bedürfnis noch befeuert und es ergibt sich daraus eine regelrechte Imitationswelle, die sich immer schneller fortsetzt „Why be you when you can become me” könnte das Motto lauten, wenn Menschen versuchen, sich immer ähnlicher zu sein. Die Folgen: Wenn alles immer ähnlicher wird und sich angleicht, dominiert irgendwann nur noch ein Durchschnitt.

Dazu tragen auch Filter bei, die es auf fast allen Social Media Plattformen gibt. Durch „Morphen“ des eigenen Gesichts wird beispielsweise nicht mehr die Realität abgebildet, sondern eine neue Realität erschaffen, die durchschnittlich ist und dazu führt, dass Originalität schwindet. Das macht auch vor Geschlechtergrenzen oder ethnischen Besonderheiten nicht halt. Dementsprechend finden sich immer mehr fließende und weniger definierte Schönheitsideale. Authentische, echte Körper und Gesichter werden in diesem Kontext jedoch ungewohnter. Und auch Algorithmen tragen dazu bei, dass bestimmte „ungewöhnliche“ Bilder aussortiert werden – alles, was unterrepräsentiert, nicht erwünscht und damit nicht „normal“ ist findet sich auf manchen Plattformen nicht wieder. Aber: Ein Trend erzeugt immer auch einen Gegentrend. Und dieser Gegentrend fordert dazu auf, selbstbewusst den eigenen Körper zu zeigen und zu akzeptieren, wie er ist – mit allen Ecken und Kanten: self confidence macht schön.

Eigene Bilder in Bewegung sind ungewohnt

Trotzdem ist es manchmal nicht leicht, sein Aussehen so akzeptieren, wie es ist – wenn man sich zum Beispiel ständig in Videokonferenzen sieht, wie es aktuell durch die Pandemie erforderlich ist. Ungewohnt ist hierbei auch, sich in Bewegung zu sehen. Über die Jahre sind wir zwar den Anblick unseres eigenen Spiegelbilds gewöhnt – je häufiger wir uns im Spiegel sehen, desto besser finden wir uns. Auf einem Foto oder Film sehen wir uns aber so, wie andere Menschen uns sehen – und das erscheint uns zunächst merkwürdig. Denn: wir sehen nicht unser gespiegeltes Bild, sondern sehen uns „richtig“ ausgerichtet. Gewohnte Asymmetrien erscheinen plötzlich spiegelverkehrt und nicht selten unattraktiv. Hinzu kommt, dass wir uns in Bewegung sehen und manchmal aus recht unschmeichelhaften Winkeln begutachten können. Diese 3-D-Ästhetik ist für viele nicht nur ungewohnt, sondern so unangenehm, dass sie sogar über Schönheitsoperationen nachdenken.

Schönheit durch Transformation

Ungewöhnlich und damit neu ist darüber hinaus, dass Menschen in Sozialen Medien ganz offen ihre Transformationen dokumentieren und andere daran teilhaben lassen. Sie zeigen ihr Vorher-Nachher-Ich in Bildern und Videos ganz selbstverständlich. Was vorher versteckt wurde – wie sehe ich ungeschminkt aus – wird jetzt offen gezeigt und damit auch der Prozess, wie die Illusion und Modifikation entsteht. Der Transformationsprozess als bewegtes Bild ist hierbei oft das wichtigste Element und hat in einigen Fällen fast künstlerische Züge.

Was bedeutet das alles für die Schönheit? Die strukturelle Schönheit von Bildern verändert sich immer mehr zugunsten einer Schönheit in Bewegung, die mehr Identifikation, Wiedererkennung und Empathie hervorruft. Der Vorteil bewegter Bilder ist, dass Bewegtbilder Emotionen besser vermitteln können. Das geschieht viel über Mimik und Körpersprache und ist dementsprechend nonverbal – wie übrigens ein Großteil unserer gesamten Kommunikation auch. Zu den strukturellen Attraktivitätsmerkmalen kommt neben der Emotion außerdem eine gewisse Dynamik hinzu. Die klassische Schönheitsdefinition rückt dementsprechend stärker in den Hintergrund, hinter eine dynamische Schönheit, die mehr Informationen übermitteln kann und gleichzeitig ein Gefühl der Attraktivität und Zugehörigkeit schafft.

Zugehörigkeit schafft Attraktivität

Und dieser Wunsch nach Zugehörigkeit nimmt zu. Das Gefühl, zu einer Gruppe zu gehören, wird beispielsweise auch über Memes, Challenges oder Hacks vermittelt. Gemeinsam eine Challenge anzugehen, ein Movement auszulösen oder die Realität zu „hacken,“ schafft Gemeinsamkeiten. Und Schönheit ist auch Zugehörigkeit zu einer Bewegung.

Die strukturellen Besonderheiten, die früher die Identität eines Menschen ausmachten, werden nun zunehmend auch durch den Faktor Kinetik ergänzt. Auf Plattformen wie TikTok entwickeln einige der sogenannten Creators einzigartige kinetische Fingerabdrücke, an denen sie erkennbar sind. So entstehen neue flüchtige Schönheitsbilder, die wiederum zu Originalen werden.

Die Einzigartigkeit der Bewegungen macht Menschen aber nicht nur besonders. Sie schützt sie auch bis zu einem gewissen Grad vor Deep Fake. Denn diese Täuschung funktioniert bei statischen Bildern wesentlich besser als bei bewegten Bildern. Bewegung, Dynamik und Energie bieten so einen gewissen Schutz, um die eigene Integrität und Identität zu wahren.

Mit digitalen Technologien zur Schönheit

Jenseits der äußeren Oberfläche findet auch eine Weiterentwicklung in anderen Bereichen statt, die unser Inneres und damit auch unsere Gesundheit betreffen. Ziel dieser Entwicklungen ist es, den Alterungsprozess zu verlangsamen, beispielsweise indem Entzündungsprozesse im Körper verhindert oder Stoffwechselvorgänge optimiert und damit das Mikrobiom gestärkt werden. Digitale Technologien unterstützen hier, beispielsweise in Form von sogenannten Aging Filters. Diese zeigen, wie ein Mensch altern würde, wenn er bestimmte Verhaltensmuster nicht ändert.

Fazit

Die Schönheit der Zukunft entwickelt sich von einem statischen Sein zu einem dynamischen Werden, welches erarbeitet wird und sich wandeln kann. Schönheit wird sich nicht länger auf das eigene Ich beziehen, sondern im Kollektiv verstanden. Die Gemeinschaft wird wichtiger, mit der man zusammenarbeitet und seine Werte teilt. Die statische Form der Schönheit wird zugunsten von energetischen und dynamischen Prozessen aufgelöst, die beschreiben, wie etwas entstanden ist. Hierdurch lösen sich auch statische Identitäten auf und es werden neue Kunstformen erschaffen, denen man seinen eigenen Stempel aufdrücken kann.

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